26 February 2017

"The person you have loved is temporarily not available"

"Immer war McCullers, die eine turbulente Ehe führte, unglücklich in Frauen verliebt – unter anderem in die Schweizer Schriftstellerin Annemarie Schwarzenbach – ohne je mit ihnen eine Beziehung eingehen zu können", heißt es zu Carson McCullers in einem von vielen Texten zum Hundertsten der 1967 verstorbenen Autorin.

Carson, "tragisch-hustende, mausgraue", wie Klaus Mann über sie fälschlicherweise schrieb. Annemarie, "störrischer Unglücksengel", wie Erika Mann über die geduldete, aber auf Distanz gehaltene Freundin feststellte.

Carson. Annemarie. Eine Fast-Liebe zu der Alexandra Lavizzari schreibt: "Statt Glück und Erfüllung bescherte diese Liebe Carson allerdings nur quälende Sehnsüchte bis hin zur lebensbedrohenden Verzweiflung, während Annemarie, mit zweiunddreißig Jahren fast schon am Ende ihres Lebens angelangt, die Kraft für ein Abendteuer mit der quirligen, neun Jahren jüngeren Freundin schlicht nicht mehr aufbrachte. Für sie war es, mehr noch als für Carson, der falsche Zeitpunkt, ein tragisches 'Zu spät'..."

Ihre Beziehung war ein "Reich fein nuancierter Möglichkeiten" und daher liegt es auch an der Leserin, unerhörte Synchronizitäten herzustellen, um die "schöne Verwandtschaft" zu manifestieren, ganz einfach, indem man zwei Bücher nebeneinanderlegt.

Wir schauen also 1940 in einen Raum im Bedford Hotel in New York. Draußen der Klang der Metropole. Gedämpft. Eine Zimmertür geht auf: "Sie hatte ein Gesicht, von dem ich wußte, daß es mich bis ans Ende meiner Tage verfolgen würde, schön, blond, mit kurzen glatten Haaren. Auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck des Leidens, den ich mir nicht erklären konnte. Da sie einfach prachtvoll aussah, konnte ich nur an Myschkins Begegnung mit Nastassja Filippowna in Der Idiot denken, bei der er 'Schrecken, Mitleid und Liebe' empfand", beschreibt Carson die Begegnung mit Annemarie in ihrer Autobiografie.

Gleichzeitig blicken wir 1929 in das Suvretta House in St. Moritz. Annemarie Schwarzenbach beschreibt in der Erzählung Eine Frau zu sehen die Begegnung mit einer Unbekannten in einem Grandhotel in den Schweizer Alpen. Hier geht nun eine Fahrstuhltür auf: "Eine Frau zu sehen: nur eine Sekunde lang, nur im kurzen Raum eines Blickes, um sie dann wieder zu verlieren, irgendwo im Dunkel eines Ganges, hinter einer Türe, die ich nicht öffnen darf –
aber eine Frau zu sehen, und im selben Augenblick zu fühlen, dass auch sie mich gesehen hat, dass ihre Augen fragend an mir hängen, als müssten wir uns begegnen auf der Schwelle des Fremden, dieser dunklen und schwermütigen Grenze des Bewusstseins..."

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