4 June 2013

Sexy und natürlich

Die weibliche Brust blitzte - wenn man sich diesem billigen Kalauer bedienen darf - in den letzten Wochen auf ungewohnte Art in den Medien auf. Neben den sonst boulevardesken "Busenblitzern" stand an unangefochtener Spitze Schauspielerin Angelina Jolie, die mit ihrer Brustamputation eine kurze Debatte über die Möglichkeiten und Grenzen der Krebsvorsorge losgetreten hatte. Der Akt selbst als Ausdruck einer radikalen Ästhetik der Selbsterfahrung blieb, bis auf einen Kommentar von Johanna Adorján in der FAS, unhinterfragt.

Doch da dieser Akt, wie auch immer man diesen bewerten will, eine sowohl unvorhergesehene biologische als auch ästhetische Komponente hatte, flüchtete man sich schnell in die üblichen Beschreibungen weiblicher Wahrnehmung: "Ist Angelina Jolie jetzt noch sexy?", lautete die Frage einer schnell organisierten Umfrage einer vorabendlichen Unterhaltungssendung, denn wer imaginiert den weiblichen Körper schon gern als medizinisch-biologisches Objekt (es sei denn es geht um Fortpflanzung und Kindererziehung). Die Frage, die beim ersten Hören an Hohlheit nicht zu übertreffen ist, erscheint beim zweiten Aufsagen jedoch nur logisch. Ist das Prädikat 'sexy' doch ein Teil von Jolies Kapital und die Rede über den weiblichen Körper bliebt auch am gewohnten Platz. Die wiederholte Frage in der Ästhetik-Vorlesung, warum Sokrates in Platons "Symposium" die Rede über die Schönheit einer Frau in den Mund gelegt hat, erübrigt sich.

Bei den Premierenbesuchen zu dem Film "World War Z" gesellt sich konsequenterweise zu dem 'sexy' die Frage der Natürlichkeit: "Kann man sehen, dass diese Frau hier nicht mehr ihre natürlichen Brüste hatte [...]." Die Sorge um den Krebs weicht der Angst vor einer überspannten Künstlichkeit, die stets auf der Seite der schlechten Geschmacks zu finden ist und es zu vermeiden gilt. Aus dem 'sexy' soll keine 'delirious beauty' werden.

Schnell verdrängt ist die Amputation, die einer militärischen Intervention gleicht, unnötig die persönliche Schuld an der Krankheit betont, und nur in den Tapferkeitsbekundungen gegenüber der Schauspielerin ("Eine starke Frau") mitschwingt.

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