
Stadtaspekte #01 mit einem Text von Stefanie Roenneke zu einer Bilderreihe des Hamburger Fotografen Tobias Bärmann
Zum Buch von Ingo Niermann: "Man wollte, dass überall in Berlin Ökosandwiches und nicht mehr nur Döner und Buletten zu kaufen waren, oder alte Filme, die man liebte, mit neuen unzerkratzten Kopien in die Kinos bringen. Man stellte Kunst aus, auch wenn die Sammler fehlten. Sammelte weiterhin Kunst, auch wenn längst das Geld fehlte. Diese Unternehmer schienen trotz Misserfolg keine Verlierer zu sein. Sie hatten immer gewusst, dass ihre Chancen gering waren. Wer etwas um jeden Preis verkaufen will, muss eben selber zahlen."
Wenn 2016 die Produktion in den Opelwerken in Bochum eingestellt wird, braucht sich die Stadt um eines nicht zu kümmern: die Umbenennung einer Nahverkehrslinie. Als 2008 das Nokiawerk geschlossen wurde, bestand eine bittere Nachwehe darin, der »Nokiabahn« einen neuen Namen zu verleihen. Man entschied sich damals für »Glückaufbahn«. Der politische Kampf um einen Produktionsstandort und seine Folgen gipfelte in einem Bürgerwettbewerb. Bald werden es nur ein paar Haltestellen seien, die fehlen werden.
Erik Niedling with Ingo Niermann: The Chamber
Mar 9 - Apr 13, 2013
Opening: Saturday, Mar 9, 7-10pm
Exile
"All it comes down to is this: I feel like shit but look great.", stellt Patrick Batemen fest, als er nach einer durchzechten Nacht in einer Konferenz sitzt. Wenn man einem Nivea-Werbespot Glauben schenken darf, scheint es heutzutage vielen Angestellten so zu gehen. "Frisch aussehen, egal wie lang der Abend war", heißt es vielversprechend. Der Kater wird weggecremt und somit auch eine wichtige Erfahrung. Denn ein Kater entschleunigt. Ein Kater entkoppelt Geist und Körper vom Alltag. Ein Kater schärft alle Sinne auf unbekannte Weise. Alles wird neu erfahren: der Kaffee, das Brötchen, die Fasern der Decke, der Sound zu Radios, der Geruch des Anderen. Vorrausetzung ist, dass man sich ohne Scham und ohne schlechtes Gewissen dem Sein hingibt und den Kater zelebriert: mit Tee, schlechten oder guten Filmen, Erinnerungen, Gesprächen, einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten. Eine positive Einstellung zum Kater predigt auch Tom Hodgkinson in "Anleitung zum Müßiggang". So kommt er zu dem Schluss: "Wie bei allen Aspekten des Müßiggangs sollten wir uns dem Druck setzen, alles in unserem Leben abzulehnen, was nicht in das Paradigma des Produktiven, Vernünftigen und Arbeitssamen passt, das die Gesellschaft und wir selbst uns aufdrängen. Richtig leben zu lernen kann einschließen, dass wir lernen, den Kater zu lieben."
Analoge Fotografie ist manchmal besser. Sogar in der Hitze Afrikas. Denn "36 Möglichkeiten" lösen unendliches Knipsen zugunsten eines konzentrierten und aufmerksamen Aktes ab, meint Fotografin Marie Köhler. Doch sie stellt sich der Herausforderung nicht, um eine weitere Afrika-Reportage umzusetzen. Sie startet im kommenden Jahr einen Fotoworkshop mit 100 Kindern im Operndorf Afrika, Burkina Faso. Vier Monate lang soll eine analoge Kamera der stete Wegbegleiter der Kinder sein, die das Medium selbstständig kennenlernen und eigene künstlerische Strategien entwickeln sollen. Durch darauf folgende Ausstellungen soll somit eine "unverbrauchte, unvoreingenommene Perspektive auf die Lebenswirklichkeit der Burkinabé Einzug in die Prägung der europäischen Ikonographie des schwarzen Kontinentes halten". Eine Zielsetzung, die sich für Marie Köhler nach einem ersten Besuch bereits im Kleinen erfüllt hat.
Instagram brachte und bringt viele Vorteile, ebenso wie H&M viele Vorteile bringt, aber auch den Nachteil, dass der überlebenswichtige Distinktionsgewinn zwischen den Schichten und dem Alter durch Mode negiert wurde; ebenso wie das Mobiltelefon viele Vorteile hat, aber auch zu viele Menschen dazu animiert, das Private ins Öffentliche zu verlagern; ebenso wie das Medikament unsere Schmerzen lindert, aber unsere Leber und Niere auflöst. Nur drei Beispiele.