Was ein Künstler zu sein hat, ist gesetzlich geregelt. In Deutschland heißt es: "Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt." In Österreich ist Künstler, wer kunstschaffend ist. Alles scheint ganz klar. Für einen kurzen Moment. All die Fragezeichen sind verschwunden. Doch im Alltag – außerhalb von Gesetzestext, Künstlersozialkasse, Museum, Galerie und Auktion – schimmern die Wörter Kunst und Künstler klebrig im Sonnenlicht. Zu viele alte und neue Klischees haften daran. Ein Gespräch mit der jungen 'Künstlerin' Paran Pour. Sie lebt und arbeitet in Wien.
30 July 2012
22 July 2012
Das Unentfliehbare
Wir können der Angst dankbar sein. Ein Angst auslösender Reiz wird wahrgenommen, klassifiziert und dazu benutzt, eine Reihe von Reaktionen des Organismus auszulösen. Wir schwitzen. Unser Puls geht schneller. Unser Herzschlag verstärkt sich. Wir bewegen uns. Wir bewegen uns schnell. Schneller als je zuvor. Jeder, der sich aufgrund eines bedrohlich erscheinenden Schlüsselreizes schon einmal bewegen musste, den stärker werdenden Schmerz in Beinen, Armen und Lunge ignorierte, rettete sich für einen Bruchteil einer Sekunde vor dem Gefühl der Angst, indem er sich erstaunt über die eigene körperliche Leistung gezeigt hat. Alles ist so klar. Und die Möglichkeit der Bewegung schlechthin, verweist uns auf die Eventualität des Überlebens. Wir bewegen uns weiter. Im besten Fall mit einem Ziel. Die Insel ist nah.
17 July 2012
"Und es war Sommer..."
Erst kürzlich stellte eine Sonntagszeitung die Frage, welches Geschlecht besser über Sex schreiben kann. Die Antwort darauf musste sich der Leser selbst geben. Auf der ersten Seite waren nur Textausschnitte zu sehen, die auf der Folgeseite dem entsprechenden Autor zugeordnet wurden. Zwar könnte man ebenfalls die Frage eröffnen, ob diese Themenwahl den Kultursommer eröffnen sollte, doch wie der geplante Zufall es will, könnte eine ähnliche Frage jetzt in Bezug auf "Shades of Grey" von E. L. James gestellt werden. Kann diese Frau über Sex schreiben? Doch die Diskussion über die literarische Qualität des Buches und der sprachliche sowie dramaturgische Umgang mit dem Thema scheint nicht der Auslöser des Hypes zu sein. Warum auch, denn bereits nach dem ersten Absatz wird deutlich, dass es hier nicht um Poesie geht, sondern um die lahme, ausufernde Ummantelung eines Themas, das immer Leser findet: Sex. Zur Sicherheit wird auf "BDSM" zurückgegriffen. Effektiv, könnte das Fazit lauten. Diese Effizienz bezieht sich dann weniger auf die körperlichen Reaktionen, sondern eher auf den Absatz des Buches, das in drei Teilen und mit einem unberührbaren Samtcover daherkommt. Gleichzeitig ist "Shades of Grey" jene "gateway drug" für angedrohtes Merchandising und Folgeromane. Vorreiterin für letzteres könnte dabei James selbst sein, denn angeblich soll die Autorin eine Trilogie aus Sicht des männlichen Protagonisten in Aussicht stellen. Doch mit Sicherheit sitzt irgendwo in Deutschland ebenfalls ein Autor und feilt unter einem Pseudonym an einem Tabuthema und dementsprechend an einem wohl durchdachten und vermarkteten Skandal, der dann in Relation zu "Feuchtgebiete" von Charlotte Roche gesetzt wird. Zur Sicherheit sollte der Autor eine Frau sein.