Angelika Taschen hatte im Gespräch mit Dagmar von Taube recht: "Man schläft heute besser vor einer nackten Wand", rät die Verlegerin, bevor sie beiläufig zur scharfen Kulturdiagnose ansetzt: "Schlaf ist das neue Gold!". Denn Schlafort und der Schlaf selbst sind die neue Insel der Rettung, das Luxusressort des Alltags. Neben dem Kassenschlager "Boxspringbett" sind vor allem Matratzen begehrte Insignien.
Der Höhenflug des ominösen Boxspringbettes scheint jedoch vorbei, denn mit einem Preis ab 250 Euro strudelt der Sog der Verramschung. Das Kokettieren mit dem Erwerb eines solchen ist, wenn, dann nur noch aus weiter Ferne im epischen Präteritum zu hören. Die Tür zum Schlafzimmer bleibt wieder geschlossen.
Die Schlafqualitiät kann somit nur noch mit dem Erwerb einer Matratze gesteigert werden, die inklusive Namen und exklusivem Narrativ dargeboten werden.
Also: noch besser schlafen, nur noch schlafen, wenn wach, dann nur noch lümmeln, der Zeit zuhören, sich selbst beim Altern zuschauen, nur noch Staub ansetzen, zentimeterdick, hin und wieder sich und die Matratze wenden, bloß, auf gar keinen Fall, sprich: nie wieder, sitzen (eh zu gefährlich)? Kein draußen. Die Augen verkleben lassen.
Oder doch bloß wieder: effizienter schlafen? Schlaf mit der Vorstellung eines besseren Aufwachens, des besseren Aufstehens? Oder aber: schlafen an sich? Luxussanierung zur Förderung von Seltenheit? Denn sie flüstern: "Wie schaffst du es, dir noch Schlaf zu gönnen?", "Es schläft doch schon seit Jahren nichts mehr", "Wann hast du zuletzt dein Handy ausgeschaltet?". Die kleine, rote Stand-by-Lampe an der Anlage sorgt nur noch in der Erinnerung für innerliche Aufregung, bis entnervt der Kippschalter in Gedanken betätigt wird (schwaches, entsättigtes Bild).
Beim Nachdenken über die Rolle des Schlafens zwischen menschlicher Notwendigkeit und letzter Festung gegen eine neoliberale Wirtschaftsethik – wer schläft, arbeitet nicht – steht sie vor dem VW-Sprinter: "Einfach oben auf die Möbel legen". Sagt er andernorts: "Erst mal auf den Boden werfen". Ausrufe des oszillierenden Individuums. Denn im Gegensatz zum Boxspringbett, das durch seine Klotzigkeit und der damit verbundenen albtraumhaften Vorstellung des Ab- und erneuten Zusammenbauens, Sesshaftigkeit kommuniziert, erleichtert die Matratze den steten Ortswechsel. Im Idealfall: gerollt.
"Der Rest kommt nach."
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