Kaum endet der erste Refrain der Hunde-Hommage I want a Dog*, ein genialer Schmachtfetzen, mit einem von Dirk von Lowtzow gebrechlich dargebotenen "Wau, wau, wau, wau, wau", kann ich mich nicht entscheiden, ob ich über den Klang und den Einsatz der Lautmalerei noch schmunzeln oder die durch eben jenes "Wau, wau, wau, wau, wau" ausgelösten Erinnerungen zulassen soll. Die damit verbundenen Emotionen werden durch eine Google-Anfrage nach dem Hund in der Popmusik unterdrückt. Das vermisste Bellen verhallt.
Diverse Bände gibt es über den Hund in Kunst und Literatur (aktuell diskutierter Tatbestand Kunst: siehe Venedig+Dobermann+Imhof). Bei der Suche nach dem Hund in der Popmusik sind es lediglich Listen (eine E- und U-Problematik?), die Plattencover oder Songs versammeln, die sich entweder dem Hund als Gefährten widmen oder in denen das Wort Hund als (negative) Metapher herhalten muss: so wird beispielshalber Martha my dear von den Beatles mit Dog days are over von Florence and the Machine vereint (hier zeigt sich eine definitorische Schwäche in der Nutzung des Wortes Hund als umbrella term). Der Pet-Shop-Boys-Song, von dem eingehend als Cover die Rede ist, findet sich in keiner dieser gefundenen Listen. Aber das Internet ist endlos. Also: wer weiß.
Etwas unberücksichtigt erscheinen mir ebenfalls die Hunde in der Mode. Zwar müsste heute jede Tierart, so auch der Hund, über einen (mehrere!) Agenten verfügen, der sich um die u.a. inflationäre und omnipräsente Verwertung tierischer Embleme zur menschlichen Dekoration und Belustigung kümmert (man bedenke die Klagewelle!) – oder der die mit Juwelen besetzten Umhänge von Vivienne Westwood zur Diskussion stellt –, aber was ist mit dem Status all der treuen Begleiter, die stets unter den Arbeitstischen lagen/liegen und deren Anwesenheit absolut zwingend war/ist? Rudolph Moshammers Liebe zu seinem Yorkshire Terrier Daisy ist jedem noch in Erinnerung. Doch jenes Tier eines Modedesigners, das sogar über einen Wikipedia-Eintrag verfügt, ist eine Katze: Karl Lagerfelds Choupette. Dabei heißt es doch in I want a Dog absolut schlüssig: "Oh, you can get lonely / and a cat's no help with that".
Der Hund von Christian Dior hieß Bobby und er verewigte seine Zuneigung mit der Betitelung eines Kostüms. Yves Saint Laurent nannte seine Französischen Bulldoggen stets Moujik, die auf vielen Fotografien auftauchen: zum Beispiel gemeinsam mit Saint Laurent auf Skizzen blickend, die auf dem Boden liegen oder neben dem Arbeitstisch hockend, während Saint Laurent, im weißen Kittel gekleidet, zeichnet. Und dann machen wir es einfach: Statt der Entwürfe, die im Moment der Aufnahme wohlmöglich entstanden sind, schieben wir Saint Laurent – es ist ein lauer Tag, das Fenster ist offen, die Verkehrsgeräusche, von der Pariser Avenue Marceau kommend, lenken ihn kurz ab – ein fast unmerklich stibitztes Blatt aus dem Video zu I want a Dog unter, in dem Hunde gescribbelt werden (sie werden mit "George" oder "Lilith" benannt). Irritiert blickt er, Saint Laurent, auf das Papier, schiebt die Schildpatt-Brille zurecht, nimmt kleine Korrekturen vor, erweitert und setzt in Schönschrift "Moujik" darunter.
"Wau, wau, wau, wau, wau."
*Vinyl-Single, Martin Hossbach, 2017
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