"Ökonomie ist die Methode, Ziel ist es aber, die Seele zu verändern". Der Satz trifft mich, irgendwann Ende Dezember, irgendwo vor Hamburg (vielleicht Schnee), während der als unangenehm empfundene Winkel von Sitz und Lehne im Intercity den Druck auf meine Bandscheiben erhöht. Ich setze eine dünne Bleistiftklammer, während neben mir ein Mann unter seinem Yacht-Magazin erschlafft. Der Bleistiftakt setzte beim Lesen des Gesprächs zwischen Wendy Brown und Isabelle Graw bereits vor dem Margaret-Thatcher-Zitat immer dann ein, wenn das eigene Gefühl in den Worten der anderen bestätigt wurde. "Investiere dich!", lautet der Titel des Textes, der, einer 3D-Animation gleich, im Kopf rotiert: "Investiere dich!"
Ich bin gewiss: Das Subjekt ist sein bestes Werkzeug und alles, was es macht, denkt und fühlt, wird ausschließlich zu Wertsteigerung seiner Selbst eingesetzt: Ausbildung, Beruf, Netzwerke, Beziehungen, Freizeit, Sport schaffen eine finanzialisierte Biografie, die zudem kommuniziert werden muss. Denn "[d]as professionalisierte Selbstmarketing hat es in den inneren Zirkel der Kernkompetenz geschafft", weiß Georg Franck. Auch das noch.
Mit Blick auf meine eigenes ökonomisiertes Leben stelle ich fest, dass ich selbst ein ziemlich schlecht arbeitender Spekulant bin. Kein Bel Ami. Doch unabhängig davon: Zielt dieses Investment überhaupt auf etwas ab, ist es nicht bereits zum Selbstzweck geworden, weil gar kein Endziel vorhanden ist? Das Auf-der-Stelle-treten wird lediglich mit einer Schrottoption (das bessere Leben, von dem alle reden) ausgeschmückt, die nie gezogen werden soll.
Doch der Spekulant ist zwar meistens Dilettant, aber dennoch gereizt vom Unvorhersehbaren: dem optimierten Persönlichkeits-Rating, das was bringt (etwas, von dem alle reden werden). Ein Update. Daher bleibt es im schlimmsten Fall bei der 168-Stunden-Woche (alles inklusive) für alle. In Kauf genommen wird das Fehlen von Zeit und Raum für Fragen, soziales und politisches Engagement, Solidarität, Kaffee und Kuchen, Liebe, Lesen, Schlaf, Musik, Zweifel et cetera, et cetera ... Man einigt sich darauf, Müßiggang, Selbstreflexion, Sabbat, Gammeln sowie Therapien, À-la-carte-Sucht und die ausgebuchten Fight Clubs zu dulden wie die Matrix Neo.
Doch was, wenn das Nicht-Spekulieren, der Ausstieg und die Verweigerung, das simple "Ich kann/will nicht mehr" nicht mit Verachtung und Angst garniert werden? Es wären die Möglichkeiten eines Neins!
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