Instagram brachte und bringt viele Vorteile, ebenso wie H&M viele Vorteile bringt, aber auch den Nachteil, dass der überlebenswichtige Distinktionsgewinn zwischen den Schichten und dem Alter durch Mode negiert wurde; ebenso wie das Mobiltelefon viele Vorteile hat, aber auch zu viele Menschen dazu animiert, das Private ins Öffentliche zu verlagern; ebenso wie das Medikament unsere Schmerzen lindert, aber unsere Leber und Niere auflöst. Nur drei Beispiele.
Doch zurück zu Instagram. Die im Frühjahr proklamierte "Eine-Milliarde-Dollar-App", die so erfolgreich ist, weil es so scheint, dass weder der Kleinbildfilm noch der Schwarz-Weiß-Film so sehr vermisst werden wie das Polaroid-Sofortbild und die Kodak Instamatic1.
Eine Ästhetik, die so sehr vermisst wird, dass sie jetzt dazu genutzt wird, um mit der Gegenwart klarzukommen. Denn der festgehaltene Moment scheint für viele noch etwas echter, unverwechselbarer zu werden, wenn etwas Patina darübergelegt wird. Aber gleichzeitig stellt man einen ästhetischen Graben zu dem umstürzenden Baum vor der Haustür her, zu dem braunen Dunkel über der Stadt, dem Wasser, dem Schmutz, dem Feuer, dem Nichts.
An der Küste Richtung Sturm blickend sind wir Mönche am Meer, klein und nichtig gegenüber der Erhabenheit der Natur. Doch wir können einfach nicht mehr stehen, das Erhabene bis hin zum Schrecklichen ertragen, es durchstehen, es erleben, erschaudern, sondern wir ziehen unser 4-Zoll-Schutzschild hervor und machen mit einem suggerierten Klick aus jenem Sturm einen beliebigen.
1 Charles Jencks auf dem Weg zu Philip Johnson (1973): "When visiting New York I went over to photograph the Seagram Building and pay a call on Vincent Scully's Devil himself. I brought my pocket-sized Kodak Instamatic (that superlative invention for idiot photographers who can't read a lightmeter or focus – you just set it up at 'sunny' or 'overcast' not even written but pictures of a sun or a cloud) – I bought along the superior piece of goon technology to photograph Seagram from directly below."
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