"Während die Preußen Paris bombardierten, las ich Goethe. Die Librairie Hachette hatte mit vor der Belagerung eine Übersetung seiner Sämtlichen Werke geschickt, damit ich sie in einer Zeitung bespräche, und zwischen zwei Wachen las ich immer wieder darin, um sie mir anzueignen oder dem Vergessen zu überantworten, einer Ansicht folgend, die ich da und dort schon zum Ausdruck gebracht habe, aber zu flüchtig und zu knapp, denn dieser Mann verdient es wohl, daß man sich einmal die Zeit nimmt, ihm ein paar gezieltere, härtere, tiefgehende Schläge zu versetzen... Nun, hätten Sie es gedacht? - Ja, Sie würden es glauben, wenn Sie Goethe gelesen hätten - dieser große Goethe langweilte mich... Er bombardierte mich mit Langeweile! Von allen deutschen Geschossen, die über meinen Stadtteil niedergingen, waren die Sämtlichen Werke für mich das schwerste. Aber gestatten Sie mir, bevor wir zu urteilen beginnen, eine Frage, und zwar eine sehr französisiche Frage: Kann man sein, was als ein Mann von Genie bezeichnet wird, und zugleich langweilig sein? Und wenn man ein unerhörtes Genie ist, kann man dann unerhört langweilig sein?" (Jules Barbey d´Aurevilly, Gegen Goethe)
1 February 2010
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